Problem Rentenlücke

Die vollständige Überwindung der Rentenlücke zwischen Frauen und Männern liegt noch in ferner Zukunft, betont Dr. Alexandra Wagner. Sie ist Geschäftsführerin des Forschungsteams Internationaler Arbeitsmarkt.

Wie interpretieren Sie die Ergebnisse der aktuellen MetallRente Studie?

Die junge Generation hat zwar einen optimistischen Blick auf ihre persönliche Zukunft für die nächsten 10 bis 15 Jahre, sie erwartet aber auch viel Arbeit, wenig Freizeit und keine üppigen Einkommen. Außerdem zeigen sich zwischen Frauen und Männern Unterschiede: Frauen gehen deutlich häufiger davon aus, dass sie in bestimmten Lebensphasen Teilzeit arbeiten werden. In puncto Alterssicherung fühlen sie sich viel seltener gut informiert als Männer. Aufgrund dieser Ergebnisse ist damit zu rechnen, dass auch in der befragten Altersgruppe der 17- bis 27-Jährigen die geschlechtsbezogene Rentenlücke nicht überwunden wird.

Warum gibt es diese Rentenlücke?

Bei Männern und Frauen unterscheiden sich die Erwerbsverläufe und der Umfang der Erwerbstätigkeit. Für Frauen ist vor allem die Dauer der Unterbrechungen wegen Kindererziehung und Pflege entscheidend. Auch die Höhe des Entgelts – das bei Frauen häufig niedriger ist – spielt eine wichtige Rolle.

Wie sieht die Rentenlücke in den verschiedenen Säulen der Alterssicherung aus?

In allen drei Systemen der Alterssicherung – der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersversorgung – haben Frauen eine geringere eigenständige Rente als Männer. Die geschlechtsbezogene Rentenlücke ist mit 60 Prozent bei der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft am größten, gefolgt von der gesetzlichen Rentenversicherung mit 45 Prozent. Allerdings werden diese Geschlechterunterschiede sowohl bei der betrieblichen Altersversorgung als auch bei der gesetzlichen Rente künftig geringer werden.

Was bedeutet die Rentenlücke für die Frauen?

Ungleiche Erwerbseinkommen oder später die Rente werden häufig durch das Einkommen des Partners abgefedert. Es liegt aber auf der Hand, dass die eigene Erwerbstätigkeit und die darauf basierenden Rentenansprüche den Frauen eine größere Unabhängigkeit garantieren als eine Absicherung über den Partner.

Welche Entwicklung erwarten Sie in Bezug auf die Rentenlücke?

Die Rentenlücke in Deutschland ist groß, nimmt aber ab und dürfte künftig weiter schrumpfen. Je jünger die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind, desto geringer sind die geschlechtsbezogenen Unterschiede bei den bislang erworbenen Anwartschaften. Das ist eine Folge der steigenden Erwerbsbeteiligung und der kürzeren Erwerbsunterbrechungen bei den westdeutschen Frauen. Auch wenn alles auf eine Reduzierung der Rentenlücke hinausläuft, liegt eine vollständige Angleichung – wenn sie denn je erreicht werden sollte – noch in weiter Ferne.

 

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Interviewpartner:

Dr. Alexandra Wagner
ist seit Beginn der 90er Jahre in der sozialwissenschaftlichen Arbeitsmarktforschung tätig. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des Forschungsteams Internationaler Arbeitsmarkt (FIA GmbH) in Berlin.