Wer wird denn gleich ...

Interview mit Dr. Annette Otto.
Gemeinsam mit Prof. Dr. Klaus Hurrelmann hat sie zur Studie den Beitrag verfasst: „Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Vorsorge – wie lassen sie sich erklären?“

»Auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken!«, das rät die Psychologin Dr. Annette Otto der jungen Generation – insbesondere den Frauen. Der Forschungsschwerpunkt der Wissenschaftlerin ist der »Umgang mit Geld in der Jugend und im jungen Erwachsenenalter«.

Wie bewerten Sie die Studienergebnisse?

Es ist bedenklich, dass die Alterssparquote bei Vollzeitbeschäftigten seit der ersten Untersuchung rückläufig ist. Das hat sicher etwas mit dem sinkenden Vertrauen der jungen Generation zu tun. Die Jungen fragen sich, ob Altersvorsorge Sinn macht. Insgesamt ist das Spar- und Vorsorgeverhalten der jungen Männer und Frauen aber auch verständlich. So ist es ganz natürlich, dass Jugendliche zwischen 17 und 27 Jahren eher an größere Anschaffungen denken als an die Rente. Denn die ist für sie noch lange hin. Die Befriedigung anderer Bedürfnisse ist einfach dringender. Die rückläufige Sparquote liegt nicht am mangelnden Interesse für das Thema Vorsorge. Die junge Generation verfolgt im Gegenteil sehr wach die Entwicklungen.

Was raten Sie also?

Spätestens nach der Ausbildung, wenn man anfängt zu arbeiten, sollte Altersvorsorge ein Thema werden. Die jungen Leute dürfen dann auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken. Sie sollten sich stattdessen über die Angebote ihres Arbeitgebers, staatliche Förderungen und private Möglichkeiten informieren. Außerdem ist es sinnvoll, das eigene Finanzverhalten kritisch in den Blick zu nehmen.

Die Alterssparquote junger Frauen ist niedriger als die von Männern. Wie kommen Frauen raus aus dieser Misere?

Junge Frauen müssen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen! Es stärkt das finanzielle Selbstbewusstsein, diese Angelegenheiten nicht dem Papa, Partner oder Mann zu überlassen. Weil Sparen und Vorsorge eng an das Einkommen gekoppelt sind, sollten sie auch verhindern, dass sie bei gleicher Leistung weniger Geld verdienen als die männlichen Kollegen. Hier ist eine gute Vorbereitung auf Gehaltsverhandlungen entscheidend. Wenn es um Jobwechsel geht, hilft es, sich vorab genau zu informieren oder »coachen« zu lassen. Die Beschäftigung mit den Themen »Finanzen« und »Vorsorge« ist auch eine Frage des »Mindsets«. Vieles ist kein Hexenwerk – es klingt häufig nur kompliziert. Wenn eine Frau die Möglichkeit hat, Geld anzulegen, dann sollte sie Aktien nicht gleich ausschließen, nur weil sie denkt, dass diese Anlageform zu komplex oder zu risikobehaftet ist. Außerdem ist es wichtig, weit in die Zukunft zu denken und nicht nur die nächsten ein bis drei Jahre im Blick zu haben.

 

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Interviewpartner:

Dr. Annette Otto
Die Wissenschaftlerin ist Mitglied der internationalen Forschungsgruppe von »Child and Youth Finance International«. Ein
Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der Umgang mit Geld im Jugend- und jungen Erwachsenenalter.